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Historische Rückblicke aus dem Stadtarchiv

Vor 100 Jahren ... (Januar 1915) Auszüge aus dem Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt

65. Jahrgang (1915)  (Rechtschreibung im Original)

01. Januar 1915
Am kommenden Sonnabend, den 2. Januar, begeht die hiesige Firma Robert Meisch das fünfzigjährige Jubiläum ihres Bestehens. Aus kleinen Anfängen heraus hat sich die Firma, die jetzt in den Händen des Sohnes des Gründers Herrn Ernst Meisch ist, zu einer der größten und hervorragendsten Trikotagenfabriken unserer Stadt und Gegend entwickelt, die Hunderten von Arbeitern Brot gibt und deren Erzeugnisse in alle Welt gehen. Der Gründer der Firma, der erst vor wenigen Jahren hier gestorben ist, stammte aus Nordhausen und fabrizierte zunächst in dem Hause des Fleischers Herrn Schönland, später im Hause der Firma F. L. Peschel und schließlich im Grundstücke des Herrn Emil Beck sog. Apoldaer Waren, Seelenwärmer, Häubchen usw., bis er sich der Herstellung von Trikotagen, Hosen, Jacken usw. zuwendete. Zugleich hatte Herr Robert Meisch den großen Neubau an der Weinkellerstraße errichtet, in welchem die Firma nun am Sonnabend ihr Jubiläum und die zahlreichen geschäftlichen und persönlichen Freunde, welche die Firma und ihr Inhaber in reichem Maße sich erworben haben, freudigen Anteil nehmen. Gerade in den jetzigen Zeitläufen haben die Erzeugnisse der Jubelfirma so manchen Krieger in Ost und West vor Kälte und Weh bewahrt. Hoffen und wünschen wir, daß das Ansehen der Firma, dessen diese sich im In- und Auslande erfreut, ein immer größeres werden möge, daß der Betrieb sich in immer steigendem Maße auswachse. In diesem Sinne statten auch wir Herrn Ernst Meisch unsere herzlichen Glückwünsche ab.

06. Januar 1915
Auf eine 20jährige Tätigkeit als Lokalrichter kann am heutigen Tage Herr Louis Dähne, ein in allen Kreisen unserer Stadt bekannter und allgemein geachteter Mann, zurückblicken. Heute vor 20 Jahren erfolgte auf dem hiesigen Amtsgericht seine Vereidigung für ein Amt, das Herr Dähne hoffentlich noch recht lange auszuüben sich erfreuen kann.

09. Januar 1915
Heute vormittag 10 Uhr fand im Sitzungssaale des Rathauses die feierliche Verpflichtung und Einweisung des zum Ratsmitgliede gewählten Herrn Fabrikbesitzer Kurt Zwingenberger statt. Sie wurde vorgenommen durch Herrn Stadtrat Anger in Vertretung des heute früh zum Kriegsdienst eingetroffenen Herrn Bürgermeister Dr. Patz. Es hatten sich Herren vom Rats- sowie vom Stadtverordnetenkollegium dazu eingefunden. Der Herr Vorsitzende widmete zunächst dem Wirken des wegen Krankheit ausgeschiedenen Herrn Stadtrat Friedensrichter Bohne ehrenvolle Worte der Anerkennung und des Dankes und gab hier auf der Genugtuung über den Ausfall der Ersatzwahl für die Jahre 1915 bis 1919 und der Freude über deren Annahme durch Herrn Zwingenberger Ausdruck. Es erfolgte sodann die eidliche Verpflichtung des neuen Ratsmitgliedes nach deren Beendigung dieses von Herrn Stadtrat Anger namens des Rats-Kollegiums herzlich willkommen geheißen wurde mit dem Wunsche, daß seiner Mitarbeit Glück und Segen beschieden sein möchte.

Im Namen des Stadtverordneten-Kollegiums dankte Herr Vorsteher Lohse Herrn Zwingenberger für die Annahme der Wahl und versicherte ihn des Vertrauens dieser Körperschaft unter herzlichen Glückwünschen. Herr Stadtrat Zwingenberger dankte für die Glückwünsche und das durch seine Berufung in den Rat ihm erwiesene Vertrauen und gelobte Treue und Fleiß im Dienste seiner Vaterstadt. Mit einer Beglückwünschung seitens der übrigen Anwesenden endete der feierliche Akt.

16. Januar 1915

16. Januar 1915
Ein in allen Kreisen unserer Bürgerschaft gleich gut bekannter und geachteter Mann, Herr Stadtrat William Zeißig, hat, was allen unerwartet kam, das Zeitliche gesegnet. Noch am Mittwoch abend bewegte er sich wohlgemut im Kreise lieber Bekannter in einem hiesigen Verein, und am nächsten Morgen machte ein Gehirnschlag seinem ersprießlichen Leben ein schnelles Ende. Gott hatte ihm ein selten langes Leben geschenkt – 82 Jahre, von denen er eine lange Reihe dem städtischen Gemeindewohl widmete. Zunächst betraute ihn das Vertrauen der Bürgerschaft mit dem Amt eines Stadtverordneten, und dann berief man ihn im Jahre 1868 zum Mitglied des Rates, dem er bis 1908 – also 40 Jahre lang angehörte; in diesem Jahre schied Herr Zeißig altershalber vorzeitig aus dem Amte. Seit 1874 war der Verstorbene Stellvertreter des Bürgermeisters. Nach 25jähriger Tätigkeit im Rate ward ihm das Ritterkreuz 2. Kl. des Albrechtordens verliehen und ihm gleichzeitig die Ehrenbürgerschaft zuerkannt. Bei seinem 30jährigen Stadtrats- Jubiläum ehrte die Stadt sein Wirken – zumal auf dem Gebiete der Armenpflege – durch Benennung einer Straße nach seinem Namen. Am 1. Januar 1908 vierzig Jahre im Stadtratsamte, ward der nun Verstorbene auch Ritter des Verdienstordens 2. Klasse; die Stadt errichtete zu Ehren Zeißigs eine Stiftung in Höhe von 2000 Mk. für wohltätige Zwecke, über deren Erträgnisse der Verewigte das Verfügungsrecht besaß. Das Andenken an den Verblichenen wird für alle Zeiten in unserer Stadt wach bleiben.