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Historische Rückblicke aus dem Stadtarchiv

Vor 100 Jahren ... (Dezember 1916) Auszüge aus dem Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt

 66. Jahrgang (1916)  (Rechtschreibung im Original)

01. Dezember 1916
Die im Königreiche Sachsen am 1. Oktober d. J. veranstaltetenSammlungen zum Opfertag für die Marine haben einen Betragvon 555.847,13 Mark ergeben. Von dem hocherfreulichenErgebnisse wird die eine Hälfte der unter der Leitung des Großadmiralsv. Koester stehenden Zentralstelle für Angelegenheiten freiwilligerGaben an die Marine in Kiel zugeführt, während die andere Hälfteder Stiftung „Heimatbank“ für das Königreich Sachsen zufällt. Deneinzelnen Sammelstellen wird noch besondere Mitteilung zugehen.

02. Dezember 1916
Abermals konnte die auf den Kopf der Bevölkerung entfallendeFleischmenge nicht unwesentlich erhöht werden. Beim morgigenFleischverkauf wird auf jede Karte ein halbes PfundFleisch abgegeben.

03. Dezember 1916
Ein sauberes Pärchen ist gestern hier dingfest gemacht worden.In einem hiesigen großen Geschäft wurde seit einiger Zeit derunerklärliche Abgang wertvoller Gegenstände festgestellt. Jetztkam man dem Diebe in der Person eines Angestellten auf die Spur undermittelte in der Geliebten des Mannes die Hehlerin, die das Diebesgutbeiseite brachte. Beide wollten ohne Abschied von hier abreisen, manwies ihnen aber gesonderten Aufenthalt in einem sicheren Raum an.

In Verbindung mit der Einschränkung im Eisenbahnverkehr werdenauch bei der Post verschiedene Beschränkungen, und zwar AnfangJanuar eintreten, jedoch werden sie nicht sehr bemerkbar sein.

06. Dezember 1916
Die Maul- und Klauenseuche herrschte in Sachsen am 1.Dezember in 2 Gemeinden und 2 Gehöften, gegen 1Gemeinde und 1 Gehöft am 15. November. Im BezirkGlauchau herrschte die Maul- und Klauenseuche nicht, dagegen dieSchweineseuche, und zwar in Glauchau, St. Egidien, Lobsdorf undSchlunzig in je einem Gehöft. Von der letztgenannten Seuche warenam 1. Dezember in Sachsen 20 Gemeinden mit 21 Gehöften befallen,gegen 18 Gemeinden und 19 Gehöfte am 15. November.

07. Dezember 1916
Das Ministerium des Innern hat soeben bestimmt, daß Ferkelauch zur Schlachtung nur von den mit einer Ausweiskarteversehenen Mitgliedern des Viehhandelsverbandes für dasKönigreich Sachsen und nur zur Verfügung des Viehhandelsverbandesaufgekauft werden dürfen. Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnisbis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 1500 Mark bestraft.

09. Dezember 1916
Die stark gelichteten Reihen unserer Freiwilligen Feuerwehr,die eine recht beträchtliche Zahl ihrer Mitglieder zu denFahnen gehen sah, werden demnächst eine von der Leitungder Wehr willkommen geheißene Auffüllung erfahren; die Wehr erhältZuwachs durch Angehörige der Jugendwehr, die gegenwärtig an denGeräten ausgebildet werden. Wie wir hören, genießt die Jugendwehreine geradezu vorbildliche Unterweisung, die von den militärischenStellen besonders anerkannt worden ist.

24. November 1916
Einbrecher haben in vergangener Nacht abermals das Lutherstift heimgesucht. Es wurde ein Einbruch in den Reinigungsraum verübt, aus dem mehrere Paar Kinderschuhe und auch Männerstiefel abhanden kamen. Man hat bisher keinerlei Anhaltspunkte, wer der Täter sein könnte.

10. Dezember 1916
Bezüglich des Kuchen- und Stollenbackens wird von zuständigerSeite darauf aufmerksam gemacht, daß die Herstellungvon Kuchen aller Art und in jeder Form aus inländischemGetreidemehl in Bäckereien, Konditoreien und anderen Gewerbebetriebensowie in Haushaltungen, Anstalten und dergleichen verbotenist. Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnis bis zu 6 Monatenoder mit Geldstrafe bis zu 1500 Mark bestraft. Die Auffassung, daßes für die Allgemeinheit gleichgültig sein könne, wie erspartes Mehlverwendet wird, ist irrig, denn das Ersparen von Mehl ist nur dadurchmöglich, daß hierfür andere Nahrungsmittel genossen werden. Esmuß zu Brot oder Semmeln verbacken oder bei der Zubereitung vonSpeisen benutzt werden.

12. Dezember 1916
Die Landesfettstelle schreibt uns: In der nächsten Wochewird im größten Teile des Königreichs Sachsen statt ButterSchweineschmalz zur Verteilung kommen, da die ZentraleinkaufsgesellschaftSchmalz statt der jetzt knapp gewordenen Buttergeliefert hat. In vieler Hinsicht bietet das Schweineschmalz größerewirtschaftliche Vorteile als Butter.

15. Dezember 1916
Das deutsche Kriegsernährungsamt wendet sich mit einerBitte an das deutsche Volk: Es ersucht, in diesem schwerenKriegsjahre auf die gewohnte Lichtfülle des Weihnachtsbaumeszu verzichten. Die für die Kerzen zu verwendenden Fettstoffesind höchster Schonung bedürftig – man möge sich diesmaldamit begnügen, jedem Baume nur eine Kerze aufzustecken. DenVerzicht auf den gewohnten Weihnachtsglanz möge die Erwägungerleichtern, daß dann die Kriegsweihnacht von 1916 als das „Festder einen Kerze“ den Kindern bis in ferne Tage eine unvergeßlicheErinnerung an die Zeit des großen Opferns sein werde.

Die Zahl der in ganz Sachsen kriegsgetrauten Paare betrug am1. November 1916 10.000.

16. Dezember 1916
Unsere Rathausuhr geht nach der maßgebenden Bahnzeit dieKleinigkeit von nahezu 10 Minuten vor. Es wird wohl nurdieser Anregung bedürfen, um Stadt- und Bahnzeit in dasnötige Gleichgewicht zu bringen.

22. Dezember 1916
Mit welchen Gefahren das Ruscheln in den Straßen verbundenist, zeigt ein Unglücksfall, der sich heute vormittagin der Moltkestraße ereignete. Ein mit zwei Kindern besetzterSchlitten fuhr gegen einen Baum und der Anprall war derartstark, daß das eine Kind, ein etwa vierjähriges Mädchen, ziemlichschwere Verletzungen am Kopfe davontrug.

Gestern nachmittag verging sich auf der Schützenstraße bis zum Schweizerhaustunnelein etwa 30 Jahre alter auswärtiger Radfahrer in schwerer,hier nicht wiederzugebender Weise an einer Anzahl Schulmädchen. DerMann fuhr mit seinem Rade nach dem Bahnhofe zu. Er hat hervorstehendeZähne und trug ein starkes wollenes Tuch um den Hals.