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Historische Rückblicke aus dem Stadtarchiv

Vor 100 Jahren ... (Juni 1916) Auszüge aus dem Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt

 66. Jahrgang (1916)  (Rechtschreibung im Original)

02. Juni 1916
Ein junges, blühendes Menschenleben hat durch den eigenen Willen gestern einen vorzeitigen schnellen Abschluß gefunden. Bei einem Spaziergang am Badteich fand gestern früh ein Arbeiter auf einer Bank ein Handtäschchen mit Damenuhr und Kette sowie Ohrringen und ein Paket mit Kleidern, welche Gegenstände er auf die Polizeiwache ablieferte. Die weiteren Erörterungen ergaben dann, daß ein junges Mädchen durch einen Sprung ins Wasser Selbstmord verübt hatte. Die Leiche ward heute vormittag geborgen. Aus aufgefundenen Briefen ging hervor, der Geliebte des Mädchens ein Soldat in Döbeln ist, dessen Person auch festgestellt werden konnte. In der Toten wurde das Dienstmädchen Martha Schramm aus dem benachbarten Reichenbach ermittelt.

03. Juni 1916
Zum zweitenmal im Verlaufe dieses Krieges hat man die Budenstadt auf dem Altmarkt, Teichplatz und Zillplatz wie in den angrenzenden Straßen zum Jahrmarkt hergerichtet. Im großen Ganzen wird wohl sein äußeres Bild auch diesmal nicht allzu sehr von dem anderen Jahre abweichen, wenn auch vielleicht manche Lücke vorhanden sein dürfte. Lücken werden sich besonders dort zeigen, wo die üblichen Buden mit den vielbegehrten „warmen Würstchen“ fehlen werden. Damit sich der übrige Jahrmarktbetrieb in den bisherigen Bahnen abwickle, wäre nur noch zu wünschen, daß sich das Wetter annehmbarer gestalte, als es jetzt ist.

14. Juni 1916
Aus den vielen Grüßen, die uns tagtäglich aus dem Felde zugehen, sei heute folgender besonders herzlich gehaltener hervorgehoben: „Im Schützengraben, den 8. Juni 1916. Ich teile Ihnen hierdurch mit, daß meine Adresse ab heute wieder anders lautet; selbige steht auf beigelegtem Zettel. Gleichzeitig spreche ich Ihnen hiermit meinen herzlichsten Dank aus für die stets pünktliche Zusendung der lieben Heimatzeitung; sie wird auch von meinen Kameraden in der Kompagnie stets gern gelesen. Es grüßt Sie und alle Lieben in der Heimat Ihr alter Bogenkämpfer Schütze Hermann Richter“. Wir danken unserem treuen Abonnenten bestens für die uns und der Heimat gesandten Grüße und erwidern sie mit dem Wunsche auf ein baldiges glückliches Wiedersehen herzlichst.

15. Juni 1916
Auf der Jagd nach billigem Fleisch war ein Dieb, der in der letzten Nacht den Kaninchen- und Hühnerstall des Landwirts Herrn Schlegel, Dresdner Straße 72, heimsuchte. Ihm fielen dort drei schwarz und weiß gescheckte Riesen-Kaninchen mit mehreren acht Tage alten Jungen sowie ein hellgelbes Wyandotte-Huhn und drei Enten (zwei braune und eine weiße) in die Hände. Von dem Täter hat man bislang noch keine Spur. Vor dem Ankauf der Tiere sei gewarnt.

17. Juni 1916
Wie aus dem heutigen amtlichen Teile ersichtlich, sollen Mahlzeiten zu Vorzugspreisen aus den Volksküchen (Neustädter Schule und „Drei Schwanen“) an Kriegerfamilien und Minderbemittelte abgegeben werden. Die erstmalige Markenentnahme hat am Montag in Zimmer 17 des Rathauses zu erfolgen.

21. Juni 1916
Der Sparverein für Konfirmanden in Hohenstein-Ernstthal und Umgebung hielt gestern abend im Gasthof „Drei Schwanen“ seine 37. Hauptversammlung ab. Der Vorsteher berichtete über das abgelaufene Geschäftsjahr und führte aus, daß das Jahr 1915 Deutschland und seinen Verbündeten weiter gewaltige Siege und militärische Fortschritte gebracht hat, aber noch immer sei das Ende des furchtbaren Völkerringens nicht abzusehen. Nach einer kurzen Stauung des Wirtschaftslebens, die sich durch den Abbruch unserer Wirtschaftsbeziehungen mit dem feindlichen Auslande hinreichend erklärt, fand die Einstellung unserer Wirtschaftsmaschine auf die neuen Verhältnisse statt. Bei unserem Sparverein zeigte sich naturgemäß dieselbe Erscheinung. Verkehr bringt Verkehr. So hat auch unser Verein belebend gewirkt. Die Mitglieder sind aber mit uns zufrieden gewesen, dies ist vielseitig anerkannt worden. Mit Recht kann der Verein einen groß Teil Verdienst auf sein Konto schreiben. Die Zahlung in der Bilanz-, Gewinn- und Verlustrechnung geben manchen wichtigen Aufschluß über die Betätigung des Vereins. Hier zeigt sich, wie das uneigennützige Wirken des Vereins von hohem Wert für die Sparer ist. Es wird beitragen, die Achtung der Allgemeinheit für den Verein zu heben und zu stärken und noch Fernstehende zum Beitritt uns näher bringen.

23. Juni 1916
Am 12. Juni 1916 ist das Gesetz erschienen, nach welchem die Altersrente, die bisher erst vom 70. Lebensjahre ab bezogen werden konnte, bereits vom 65. Lebensjahre an gewährt wird. Hiernach können alle diejenigen Versicherten, die nach dem 1. Januar 1916 das 65. Lebensjahr vollendet, die Wartezeit erfüllt haben und noch keine Invalidenrente beziehen, Altersrente beanspruchen.

27. Juni 1916 Wie uns von der Stadtverwaltung mitgeteilt wird, sind in der städtischen Verkaufsstelle einige Fässer Margarine eingegangen. Diese Margarine wird von Mittwoch abend gegen Vorlegung der neuen Lebensmittelkarte durch hiesige Geschäfte zum Verkauf kommen. Näheres hierüber wird in der morgigen erscheinenden Nummer noch bekannt gegeben werden.