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Historische Rückblicke aus dem Stadtarchiv

Vor 100 Jahren ... (März 1916) Auszüge aus dem Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt

 66. Jahrgang (1916)  (Rechtschreibung im Original)

01. März 1916
Wie man echten Honig machen kann.In der Zeitschrift „Feld und Wald“ lesen wir: „Trotzdem ich selber daraufhereingefallen bin, muß ich sagen, recht hat der Mann!“ Ich spreche nämlich von dem Manne, der eine Anzeige losgelassen  hat,  des  Inhalts:  „Wie  kann  ich  mir  echten  Honig  billig  selbst zubereiten? Gegen Einsendung von 2 Mark wird das beste Mittel genannt: Jetzt ist alles teuer, man möchte sparen.“ Ich schicke also dem Manne  2  Mark  und  schrieb  auf  die  Rückseite  des  Postanweisungsabschnittes: „Teilen Sie mir bitte schnellstens mit, wie ich mir echten Honig billig selbst zubereiten kann!“ Und was kam als Antwort? Ein gedruckter Zettel. Darauf standen die vier Worte: „Werden Sie eine Biene!“

02. März 1916
Die Frage der Versorgung der Bevölkerung mit Kartoffeln und Brot  stand  gelegentlich  der  gestrigen  Sitzung  unserer  Stadt-verordneten im Vordergrunde der Erörterungen. Herr Vorst. Lohse machte Mitteilungen davon, welche Schwierigkeiten gerade der Kartoffelversorgung  im  Wege  stehen;  wir  bitten,  diese  Auslassungen  in dem Bericht nachlesen zu wollen, den wir im heutigen zweiten Blatt veröffentlichen.  Der  kürzlich  mitgeteilten  erfreulichen  Tatsache,  dass  wir im Bezirk Glauchau die billigsten Brotpreise haben, steht die gestern öffentlich festgestellte, zwar recht bemerkenswerte, aber um so unerfreuliche Tatsache gegenüber, dass uns auch die geringste Brotmenge zugeteilt wird.  Vom  Ratstische  ward  versichert,  dass  man  bemüht  sein  werde,  möglichst viele Kartoffeln herbeizuschaffen und mehr Brot zu erlangen. U.a. wurde beschlossen, die Sätze für Unterstützung der Arbeitslosen zu  erhöhen.  Über  die  weiteren  Verhandlungen  gibt  der  ausführliche  Bericht erschöpfende Auskunft.
Mit Rücksicht auf die außerordentliche Knappheit an Speisekartoffeln in den Städten und größeren Dörfern mit Industriebevölkerung erlässt  die  Landwirtschaftskammer  für  das  Herzogtum  Sachsen-Altenburg  an  die  Landwirte  einen  Aufruf,  in  welchem  es  heißt:  Verkauft jetzt für den heimischen Verbrauch soviele Kartoffeln, als irgend zu entbehren sind. Organisiert in den Gemeinden unter Mitwirkung der Gemeindevertretungen einen Einzelverkauf für kleine Haushaltungen. Bietet größere Mengen den Kommunalverbänden an. Es gilt, die Nahrung zu sichern, bis die große Ernte der örtlichen Provinzen wieder an den Markt kommen kann. Kartoffeln werden dann wieder reichlich vorhanden sein. Im Dienste fürs Vaterland hat die Landwirtschaft noch nie versagt, die Abwendung von Nahrungs-sorgen ist auch ein Dienst, ein Kriegsdienst fürs Vaterland.

03. März
Um  den  Mangel  an  Fleisch  etwas  zu  mildern,  hat  die  hiesige  Fleischerinnung  den  Bezug  von  ausländischem  gefrorenen  Schweinefleisch in die Wege geleitet. Ueber die Einwirkung der fleischlosen Tage auf die Abgabe von Fleisch- und  Wurstbrühe  in  Gastwirtschaften  usw.  herrscht  wie  zahlreiche  Eingaben  an  die  zuständigen  Stellen  zeigen,  vielfach  Unklarheit.  Das  Ministerium des Innern vertritt die Ansicht, dass Fleischbrühe nicht zu den Speisen gehört, deren Verabfolgung durch die Bundesratsverordnung  vom  28.  Oktober  1915  eingeschränkt  ist,  weil  man  nicht  sagen  kann,  dass  sie  auch  nur  teilweise  aus  Fleisch  bestehe;  ihrem  Verkaufe  sowohl  an  fleisch-  als  auch  an  fettlosen  Tagen  steht  daher  nichts  im  Wege. Dasselbe gilt auch für Wurstbrühe und ähnliche Zubereitungen.

11. März
Daß beim Verschwinden von Feldpostpäckchen nicht immer die Post die Schuld trägt, dafür erhielt eine in der Altstadt wohnende  Ehefrau  jetzt  einen  Beweis.  Sie  beauftragte  gestern  einen  ihr  bekannten  12jährigen  Jungen  mit  der  Abgabe  eines Feldpostpaketes auf hiesigem Postamt für ihren in Russland stehenden Gatten. Gestern Nachmittag fand nun ein junger Mann das betreffende Päckchen entleert in der Nähe des „Logenhauses“ und gab es bei der Absenderin ab. Der Knabe hatte das übergebene Porto,  sowie  ein  halbes  Stück  Butter,  eine  Dose  Oelsardinen  und  noch sonstige Kleinigkeiten ohne Zweifel unterschlagen.

14. März
Spurlos  verschwunden  ist  sei  einigen  Tagen  ein  22jähriges  Mädchen, das längere Zeit hier bei Angehörigen in Stellung war  und  seit  dem  1.  März  Dienst  in  Chemnitz  in  einem  Weingeschäft angenommen hatte.

16. März
Ein bedauerlicher Unglücksfall trug sich am Sonntagabend in einem  Hause  der  Aktienstraße  zu.  Der  dort  wohnende  75  Jahre alte Webermeister August Voigt stürzte die Treppe herab und zog sich beim Sturze so schwere Verletzungen zu, dass er gestern abend, ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben, verstarb.

18. März
Der  hiesige  Erzgebirgsverein,  der  durch  seine  noch  unbe-pflanzten Grundstücke in der Nähe des Berghauses wiederum einige neue Verbindungswege anlegen ließ, will diese Grundstücke nach neuen Grenzen auf weitere drei Jahre verpachten. Bekanntmachung über die Zeit erfolgt noch.

29. März
Unsere heimische Webindustrie wird durch das Baumwoll-verbot immer mehr in Leidenschaft gezogen. Vorige Woche ließ nun auch die hiesige Deckenfirma Wilhelm Ende wegen Mangels an Webgarn ihren Betrieb schließen und entließ vorläufig ihre Arbeiter. Auch die Handweberei leidet stark unter dem Verbot, da verschiedene Firmen, die bisher noch eine Anzahl Heimarbeiter beschäftigten, dieselben nach und nach ablohnten.

31. März
Wie  aus  einer  Anzeige  in  unserem  heutigen  Blatte  her-vorgeht,  haben  sich  die  Brauereien,  Mineralwasserfabrikanten  und  -händler  sowie  Flaschenbierhändler  entschlossen,  den  Versuch  zu  machen,  endlich  einmal  dem  von  allen Seiten empfundenen Uebelstand, welcher durch den vielfach getriebenen Missbrauch mit den Flaschen hervorgerufen ist, durch Einführung eines erhöhten Flaschenpfandes vorzubeugen. Wenn der damit bezweckte Erfolg erzielt wird, so ist dies für alle Beteiligten, insbesondere aber auch für das Publikum, nur von Vorteil.