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Historische Rückblicke aus dem Stadtarchiv

Vor 100 Jahren ... (Januar 1918) Auszüge aus dem Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt

 68. Jahrgang (1918)  (Rechtschreibung im Original)

03. Januar 1918
Das die Zahl der Freunde unseres Turnerbundes noch immer eine außerordentlich große ist, bewies der Besuch der gestrigen Abendunterhaltung dieses Vereins im Schützenhause. Die Leiter der Veranstaltung hatten es ausgezeichnet verstanden, die Vortragsfolge dem Zuge der Zeit entsprechend zu gestalten, dazu kam, daß die Mitwirkenden samt und sonders tüchtig waren, und so dem Ganzen zu dem schönsten Erfolge verhalfen. Frl. Martha Schmidt erntete mit ihren Gesangsvorträgen, die gute Schule verrieten, wohlverdienten Beifall; sie bewies, das ihr Talent zu den schönsten Hoffnungen berechtigt. Wirksame Unterstützung erfuhren ihre Darbietungen durch die dem Vortrage geschickt angepaßte Klavierbegleitung seitens des Herrn Organist Zesewitz. Der übrige Teil war auf den humoristischen Ton gestimmt und sprach aufs beste an.

08. Januar 1918
In freundlichster Weise wurde den Altstädter Schulen zur Mittagsspeisung armer Schulkinder überwiesen – 75 Mk. Vom Konsumverein, 100 Mk. Von Herrn Stadtrat Anger, 20 Mk. von Fräulein Herbst. Den edlen Gebern sei herzlichst gedankt.

11. Januar 1918
Nach langer Pause konnte der Gewerbeverein Altstadt gestern Mittwochabend wieder eine Versammlung in Ritters Gasthaus abhalten, die Herr Vorsteher Rudelt mit einem Rückblick auf die Vorgänge im Verein einleitete; er gedachte der verstorbenen Mitglieder: des Herrn Oberlehrer Reichardt, des langjährigen Vorstehers, den man wohl als Gründer ansprechen darf und der sich um die frühere Sonntagsschule verdient gemacht hat; des 2. Vorstehers Herrn Handelslehrer Kleeberg, sowie der Herren Laux und Liebmann, die Versammlung ehrte deren Andenken durch Erheben von den Plätzen. Redner streifte auch verschiedene Vorgänge im Verbandsleben. Dann wandte man sich der Frage einer Ersatzwahl für den auf dem Felde der Ehre gefallenen 2. Vorsteher Herrn Handelslehrers Kleeberg zu. Der Vorschlag, mit diesem Amte Herrn Oberlehrer Jähnig zu betrauen, den verdienstvollen Leiter der Gewerbeschule, die eigentlich eine Schöpfung des Gewerbevereins ist, fand freudige Zustimmung, die sich durch einstimmige Wahl kundgab. Bezüglich der bevorstehenden Stadtverordneten- Ergänzungswahl beschloß man, sich mit dem Verein der Festbesoldeten in Verbindung zu setzen. Weiterhin beschäftigte sich die Versammlung mit den bereits angekündigten Vortrag des Herrn Dr. Pickel aus Dresden am kommenden Sonntag im „Gewerbehaus“, der für jeden Gewerbetreibenden von ganz besonderer Bedeutung sein wird. Eine eingehende Aussprache über die wirtschaftliche Lage, wie sie sich in der nächsten Zukunft gestalten wird, schloß sich an. In dem jetzt begonnenen Jahre vollendet sich ein halbes Jahrhundert seit der Begründung des Gewerbevereins. Der Tag soll in schlichtem Rahmen – etwa im April gefeiert werden. Ein Ausschuß wird sich mit den Vorarbeiten dazu beschäftigen und der nächsten Vereinsversammlung hierüber Bericht erstatten. Sodann stimmte man dem Vorschlage zu, einen Ausschuß zu bilden, dessen Mitglieder sich der Aufgabe unterziehen, kurze Berichte über die beachtlichen Büchereingänge zu erstatten.

16. Januar 1918

22. Januar 1918
Die am Sonnabend stattgefundene Wahl von Stellvertretern für eine Anzahl von Mitgliedern des Stadtverordneten- Kollegiums, die zum Heere einberufen sind, hat seitens der Bürgerschaft sehr geringe Anteilnahme gefunden. War auch die Annahme gerechtfertigt, daß die unter dem Zeichen des allgemeinen Burgfriedens vor sich gehende Wahl die Gemüter nicht sehr aufregen würde, so war die Zahl der Wähler doch eine so geringe, daß alle Erwartungen enttäuscht wurden. In der 1. Abteilung, die nach dem Wahlabkommen den Sozialdemokraten überlassen war, erhielten die Herren Webermeister Wilhelm Heerling, Weber Emil Müller, Fabrikschlosser Friedrich Fischer und Nadelmachermeister Ernst Legère je 36 Stimmen und zwar 22 Stimmen in der Neustadt und 14 Stimmen in der Altstadt, in der 2. Abteilung die Herren Lehrer Ernst Eidner und Prokurist Paul Fülle je 18 Stimmen (14 in der Altstadt, 4 in der Neustadt) und in der 3. Abteilung die Herren Fabrikbesitzer Carl Better, Fabrikbesitzer Max Zwingenberger je 35 und Bankvorstand Paul Beckert 34 Stimmen (29 bezw. 28 in der Altstadt, 6 in der Neustadt). Wir haben das Ergebnis durch Aushang an unserer Geschäftsstelle und Verteilung von Sonderblättern in den Gastwirtschaften noch am Sonnabendabend zur Kenntnis weiterer Kreise gebracht.

27. Januar 1918
Am Sarge der Frau verw. Säuberlich, die im Anschlusse an die Stiftungen ihres Gatten weitere Mittel zur Schaffung unseres Stadtparkes bereitstellte und so eine Wohltäterin unseres Gemeinwesens wurde, ließ der Stadtrat einen Kranz mit Schleife niederlegen.

29. Januar 1918
Von schwerem Leiden durch den Tod erlöst wurde am Sonnabend ein langjähriger Vertreter der Bürgerschaft unserer Stadt: Herr Gärtnereibesitzer Theodor Wächter. Der Dahingeschiedene, der im 53. Lebensjahre stand, war, nachdem er bereits früher dem Kollegium angehört hatte, seit 1908 Stadtverordneter. Ehrlich und geraden Charakters ward seine Mitarbeit allenthalben hochgeschätzt, was auch seine Berufung in eine ganze Anzahl städtischer Ausschüsse beweist. Er gehörte neben der staatlichen Steuereinschätzungskommission auch dem städtischen Abschätzungsausschuß, ferner dem Rechts- und Verfassungs-, dem Schul-, dem Park-, und dem Einquartierungsausschuß an. Nun hat der Tod seinem rastlosen geschäftlichen Streben und seiner Betätigung zum Wohle unserer Stadt ein Ziel gesetzt.