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Historische Rückblicke aus dem Stadtarchiv

Vor 100 Jahren ... (Juni 1920) Auszüge aus dem Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt

 70. Jahrgang (1920)  (Rechtschreibung im Original)

2. Juni 1920
Die Vorbereitungen zu dem Schützenfest der Privaten Schützengesellschaft Altstadt, das nach sechsjähriger Pause in den Tagen vom 5. – 10. Juni stattfinden soll, sind schon eifrig im Gange und der große Platz am Schützenhaus ist mit Karussells, Schaukeln, Schaubuden und Schauzelten aller Art voll besetzt, die alle auf einen Massenbesuch rechnen. Hoffentlich ist auch der Wettergott gnädig und bringt dazu Sonnenschein und Wärme, denn ein Wetter wie das heutige ist wenig geeignet für ein Volksfest, wie es doch das Schützenfest sein soll.

4. Juni 1920
In der vergangenen Nacht haben Einbrecher erneut in die Geschäftsräume der Seidenweberei von Johann August Voß nachts einzudringen versucht, sind aber durch den Wächter und den Hund daran gehindert worden. Die Diebe haben mehrere große Bogen braunes Packpapier, das sie wahrscheinlich zum Wegschaffen der erhofften Beute benutzen wollten sowie zwei Schnitten trockenes Brot liegen lassen bez. verloren.

8. Juni 1920
Ein volles Geläut wird demnächst wieder unsere Trinitatisgemeinde besitzen, denn heute sind die drei Klangstahlglocken, deren Guss die bekannte Firma Schilling & Lattermann in Apolda besorgt hat, auf dem hiesigen Bahnhof angekommen. Da die Lieferung vor dem vereinbarten Termin erfolgt ist – eine Seltenheit in der heutigen Zeit – so können die Glocken vorläufig noch nicht aufgezogen werden, da sich erst noch bauliche Veränderungen am Glockenstuhl nötig machen. Das sich die Gemeinde in nicht allzu ferner Zeit wieder eines schönen Geläutes erfreuen darf, ist der Opferwilligkeit aller Gemeindeglieder, von denen drei größere Zuwendungen gemacht haben, zu danken. Möge dies ein gutes Vorbild sein für die Kirchgemeinde St. Christophori, damit von deren Gotteshaus bald wieder voller Glockenklang in Stadt und Land hinabschallen kann.

10. Juni 1920
Das Waisenhaus, das ja durch die Verlegung des Finanzamtes in seine Räume heimatlos wird, soll, wie wir hören, im Neustädter Schützenhaus, das bisher der Metallwarenfabrik Röber in Chemnitz gehörte, eingerichtet werden. Der Kaufpreis beträgt 115 000 Mark einschließlich der Grundstücke. Die Beamten des Finanzamtes sollen im Mineralbad beziehungsweise in den Räumen des neuen Finanzamtes untergebracht werden.

11. Juni 1920
Am Sonnabend hält der hiesige Mundharmonika Klub „Harmonie“ im Logenhaus sein diesjähriges Vergnügen ab, wozu alle aktiven und passiven Mitglieder sowie Freunde und Gönner auch an dieser Stelle herzlich eingeladen sind. 14. Juni 1920 Herr Fabrikbesitzer Albert Haase, hier beabsichtigt geklärte Spülabortwässer aus dem auf Flurstück 962 für Hohenstein- Ernstthal neu zu errichtenden Landhaus durch städtische Schleusen dem Goldbache zuzuführen. Gemäß § 33 Abs. 1 des Wassergesetzes wird dies von der Amtshauptmannschaft mit der Aufforderung bekannt gemacht, etwaige Einwendungen hiergegen binnen 2 Wochen bei dieser anzubringen. Beteiligte, die sich in der bestimmten Frist nicht melden, verlieren das Recht zum Widerspruch gegen die vorzunehmende Regelung.

15. Juni 1920
Die neuen Glocken der Trinitatiskirche sind gestern ohne Unfall aufgezogen worden und ließen nachmittags zum ersten Male ihre Stimme über Stadt und Land erschallen. Die Weihe findet, wie mitgeteilt, nächsten Sonntag statt.

17. Juni 1920
Seit einiger Zeit treibt sich in den Waldungen unserer Umgebung, hauptsächlich nördlich unserer Stadt, eine Zigeunerbande umher, die aus drei Männern, drei Weibern und einigen Kindern besteht. Die Bande hat ihrer Verhaftung, die Gemeindeorgane und Forstbeamte vornehmen wollten, bewaffneten Widerstand entgegengesetzt und befindet sich immer noch in Freiheit. Da es sich darum handelt, unter allen Umständen die Sicherheit unserer Gegend zu gewährleisten, unternimmt die Gendarmerie Streifen durch unsere Waldungen, Im Museum aufgespürt (50) Ahnenforschung bezogen auf Karl May (1842-1912) gehört schon aufgrund regelmäßiger Anfragen zu den Obliegenheiten des Karl- May-Hauses. Grundlegende, umfangreiche Forschungen wurden diesbezüglich federführend und erfolgreich von Karl Streller (1908-1981) und Hainer Plaul getätigt. Zahlreiche Dokumente finden sich heute im Archiv des Museums, so auch die umfangreichen Ausarbeitungen von Willi Olbrich (1936-2019), der die schweizerische May-Linie erforschte, die (1909-gemeinderätliche Aufenthaltsbewilligung) von Mays in Ernstthal geborenen Neffen Oskar Hoppe (1868-1965) begründet wurde. Um die Schweizer Staatsbürgerschaft bewarben sich nachgewiesener Weise allerdings erst einzelne seiner direkten Nachkommen. An dieser Stelle bringt das Karl-May-Haus regelmäßig ein Zeitdokument oder Exponat zu Leben, Werk und Wirken des Hohenstein-Ernstthaler Fabulierers Karl May. um der ungebetenen Gäste habhaft zu werden. Spaziergängern, die einsame Waldgegenden bevorzugen, dürfte immerhin einige Vorsicht anzuraten sein.

17. Juni 1920
Der Turnverein von 1856 veranstaltet am 27. Juni nach langer Pause wieder seine Sommer – Sonnenwendfeier auf seinem Turnhallengrundstück an der Oststraße. Wie immer soll es ein Fest der Kinder sein, an deren Spiel und Lust sich auch Erwachsene erfreuen sollen. Die Teilnahme ist öffentlich und nicht auf Mitgliederkreise beschränkt. Der festgebende Verein wird sich freuen, recht viele unserer Kleinen und Kleinsten nebst Eltern begrüßen zu können.

18. Juni 1920
Weiter ist in der vergangenen Nacht in der Kegelbahn des Johannesgartens eingebrochen worden. Der Dieb ist durch ein Fenster eingestiegen und hat sämtliche Vorhänge mitgenommen. Auch hier fehlt vom Diebe bisher jede Spur. 22. Juni 1920 Die Postanstalten haben nun mit dem Verkauf der neuen Einkommensteuermarken begonnen. Die Marken werden in den Werten von 10 und 50 Pf. sowie von 1, 2, 5, 10, und 25 Mark ausgegeben. Da der Vorrat an Einkommensteuermarken bei den Postanstalten vorläufig noch gering ist, kann jeder Arbeitgeber zunächst nur etwa ein Viertel des Vierteljahrsbedarfs beziehen. Voraussichtlich am 20. Juli werden die Postanstalten die weiteren Marken abgeben können.

28. Juni 1920
In einem hiesigen Gasthaus ist am Sonnabend ein Zechbetrüger und Dieb aufgetreten, der sich mittels eines zurückgelassenen Ausweises als Tischler ausgab und bei seinem Verschwinden seine Zeche von 8 Mark unbeglichen ließ und außerdem ein Betttuch mitnahm, das er alsbald in einem hiesigen Geschäft für 50 Mark verkaufte. Der Dieb will 1895 geboren sein, zeigt ein sehr gewandtes Auftreten und sucht vor allem die Bekanntschaft von Kriegerwitwen und Kellnerinnen zu machen.