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Historische Rückblicke aus dem Stadtarchiv

Vor 100 Jahren ... (September 1920) Auszüge aus dem Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt

 70. Jahrgang (1920)  (Rechtschreibung im Original)

2. September 1920
Dienstag nacht verschied nach kurzem Kranksein im 76. Lebensjahre der Privatmann Herr Louis Heilmann, eine in Geschäfts- und Vereinskreisen bekannte Persönlichkeit. Seit 32 Jahren hier ansässig, übernahm er die Richard Strausche Brauerei an der Waisenhausstraße. Als diese im Jahre 1896 einem Brande zum Opfer fiel, ließ er neben dem kleineren Grundstück an der Schulstraße, wo der Betrieb weitergeführt wurde, die jetzige Stadtbrauerei mit ihren neuzeitlichen Einrichtungen erstehen. Auch der Allgemeinheit hatte Herr Heilmann seine Dienste gewidmet, indem er 18 Jahre lang im Stadtverordnetenkollegium, besonders im Bauausschuß, tätig war. Noch vor knapp einem Jahre konnte er das Fest der goldenen Hochzeit begehen. Außer seiner Gattin beklagen Kinder, Enkel und Urenkel sein Hinscheiden, und zahlreiche Freunde werden ihn schmerzlich vermissen.

4. September 1920
In unserer Stadt werden jetzt Gerüchte herumgetragen, daß Herr Bürgermeister Dr. Patz amtsmüde sei und in nicht zu ferner Zeit seine Stellung als oberster Leiter unserer Stadtgemeinde niederlegen werde. Einige wollen sogar wissen, daß Herr Dr. Patz sich hier oder anderwärtig als Rechtsanwalt niederlassen wolle. Wie wir auf Erkundigung an maßgebender Stelle erfahren, sind die Gerüchte vollkommen gegenstandslos und beruhen auf mißverständlicher Auffassung von Aeußerungen eines Ratsmitgliedes, die in der letzten Stadtverordnetensitzung getan wurden.

15. September 1920
Aus Anlaß seines 25jährigen Dienstjubiläums erschienen heute vormittag 9 Uhr im Amtszimmer des Herrn Gasinspektor Martini die Herren Bürgermeister Dr. Patz und Stadtrat Layritz, um ihm die Glückwünsche der Stadt zu übermitteln. Herr Bürgermeister Dr. Patz gedachte in seiner Ansprache der Verdienste des Jubilars um die Entwicklung der Gasanstalt und überreichte ihm eine städtische Ehrenurkunde, zugleich mit der Mitteilung, daß ihm der Titel Gaswerksdirektor verliehen worden sei.

Herr Stadtrat Layritz beglückwünschte Herrn Martini im Namen des Gas- und Elektrizitätsausschusses, worauf der Gefeierte mit bewegenden Worten dankte und versprach, auch weiterhin in reger Arbeit für die Stadt, insbesondere für die Gasanstalt, tätig sein zu wollen. Der schlichten Feier wohnte die Beamten-, Angestellten- und Arbeiterschaft bei.

17. September 1920
Das 80jährige Geschäftsjubiläum kann am 20. September die Firma Franz Rother, Inhaber Gerhard Rother, Eisenund Kurzwarenhandlung, begehen. Das Geschäft wurde vom Großvater des jetzigen Inhabers, dem Nagelschmiedemeister Christian Friedrich Rother am 20. September 1840 auf der Kühgasse (jetzt Bismarckstraße*) gegründet und siedelte von da in das Haselhuhn´sche Haus (zurzeit Peschel) nach der Obergasse (jetzige Dresdner Straße) über; von dort verlegte er das Geschäft in das von ihm gekaufte Haus, Dresdner Straße 46, das aber im Jahre 1862 vom Feuer zerstört wurde. Das neuerbaute Haus wurde im April 1863 bezogen; dort gewann er große Kundschaft, außerdem war die Nagelschmiederei in voller Blüte. Aber einige Jahre danach mußte der Begründer, welcher immer 3-4 Gesellen beschäftigte, die Nagelschmiederei aufgeben, da infolge Gründung von größeren Nagelfabriken das Handwerk nicht mehr lohnte. Im Jahre 1877, nach dem Tode des Begründers, übernahm das Geschäft dessen Sohn Franz Rother, welcher es 35 Jahre in der altbekannten und soliden Weise, weiterführte und infolgedessen den Kundenkreis in der Stadt wie auf dem Lande immer mehr erweiterte. Im November 1912 übergab er es seinem Sohne Gerhard Rother, der es ebenso wie sein Vorgänger in den alten Bahnen weiter betreibt. Möge das Geschäft, welches wohl mit zu den ältesten am hiesigen Platze zählt, weiter blühen und gedeihen.

28. September 1920
Ein übereifriger Berichterstatter wußte gestern auswärtigen Zeitungen zu melden, der Aufzug der neuen Klangstahlglocken für die Christophorikirche erfolge am heutigen Dienstag und die Weihe am 3. Oktober und weiter, die Glocken kosteten gegen 90 000 Mk. Wie wir auf Erkundung an zuständiger Stelle erfahren haben, ist diese Mitteilung in ihrem vollen Umfange unrichtig. Der Tag des Aufzugs wie der Weihe kann leider noch nicht fest bestimmt werden, da der Monteur der Glockengießerei wahrscheinlich erst in 8-10 Tagen hier eintreffen kann. Die für die Kosten genannte Summe ist ebenfalls um mehrere Zehntausend zu hoch gegriffen, wie wir zur Beruhigung aller Gemeindeglieder hier, ausdrücklich feststellen möchten. *heute Friedrich-Engels-Straße