Historische Rückblicke aus dem Stadtarchiv
Vor 100 Jahren ... (Mai 1915) Auszüge aus dem Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
65. Jahrgang (1915) (Rechtschreibung im Original)
04. Mai 1915
In einem am Zillplatz gelegenen Hause entstand am Sonnabend abend aus Unvorsichtigkeit ein Stubenbrand. Zum Glück wurde man auf die Gefahr rechtzeitig aufmerksam und löschte das Feuer, ehe es größeren Schaden anrichtete. Zu einer Einbrecherjagd kam es gestern am späten Nachmittag in der Weinkellerstraße bez. in den Gärten zwischen Weinkeller- und Schulstraße, und zwar waren die Einbrecher einige Schulknaben im Alter von etwa 12 Jahren. Zunächst hatten die Jungen sich bemüht, Gelegenheit zum Stehlen zu finden, merkten aber, daß sie dort nichts ausrichten konnten. Sie fanden aber gar bald heraus, daß in dem Hause schräg über, in der Schulzeschen Eisenhandlung, die Luft ziemlich rein war. Zwei Jungen machten sich daran, Eingang durch ein Fenster ins Kontor zu erhalten, von wo aus sie sich in den Laden begaben und dort allerlei, wonach ihnen der Sinn stand – Messer, Dolche, Taschenlampen usw. – und auch einiges Wechselgeld, zu sich zu stecken. Auf der Straße war man bald auf das verbrecherische Treiben aufmerksam geworden und stellte im Hause Posten aus, die des Herauskommens der Jungen harrten. Bald hatte sich eine fast unübersehbare Menschenmenge angesammelt. Die Jungen sahen sich, als sie ihre Beute in Sicherheit bringen wollten, überrascht und entdeckt und flüchteten kurzerhand durch die Gärten, wurden aber bald dingfest gemacht.
06. Mai 1915
Auf der Karlstraße trug sich dieser Tage ein bedauerlicher Unfall zu. Einem dort durchfahrenden Chemnitzer Radler lief ein 7 Jahre alter Knabe ins Rad. Während letzterer gut davon kam, stürzte der Radler ab und fiel mit dem Kopfe an die dort stehende Steinmauer, wodurch er schwere Verletzungen erlitt. In einer nahen Wohnung wurde dem Bedauernswerten die erste Hilfe zuteil.
12. Mai 1915
Die Freiw. Feuerwehr 2. Komp. hielt in einfach schlichter Weise im Vereinslokal „Stadthaus“ ihr 59. Stiftungsfest ab, zu dem sich die Mitglieder nebst Ehrenmitgliedern zahlreich eingefunden hatten. Der ernsten Zeit entsprechend wurde der Abend durch Musik- und Gesangsvorträge, sowie Ansprachen ausgefüllt. Auch gedachte man der im Felde stehenden und bereits gefallenen Kameraden. Die Reihen der Mitglieder haben sich sehr gelichtet, sind doch zur Fahne ziemlich die Hälfte der Weber einberufen worden. Dem geselligen Beisammensein ging eine größere Uebung am Wohnhaus des Herrn Tischlermeister Bonitz an der Chemnitzer Straße voraus.
18. Mai 1915
So ganz nach dem Wunsche aller Besucher, die in großer Zahl erschienen, verlief gestern und heute der Jahrmarkt in der Altstadt. Der Wettergott zeigte zumal gestern ein recht freundliches Gesicht und lockte auf diese Weise eine sehr beträchtliche Zahl Gäste aus unseren Nachbarorten nach der Stadt, die die Budenstadt belebten. Die Einkäufe erstreckten sich meist auf hauswirtschaftliche Gegenstände, daneben sprang aber auch mancher Nickel an den Spiel- und Eßwarenbuden. Der erzielte Umsatz dürfte im allgemeinen ein befriedigender sein, da eine ziemliche Kauflust herrschte. Ihr 175jähriges Bestehen kann im laufenden Jahre die hiesige privilegierte Schützenkompagnie Neustadt feiern. Mit Rücksicht auf die ernste Zeit wurde vorläufig wegen der Abhaltung einer Feierlichkeit noch kein Beschluß gefasst. An der Ecke Schubert- und Weinkellerstraße spielte sich am Sonnabend nachmittag eine hässliche Straßenszene ab. Zwei 12 Jahre alte Schulknaben waren in Tätlichkeiten geraten und bearbeiteten sich dermaßen, daß schließlich ein Erwachsener die Beiden auseinander bringen musste. Einer der Knaben erhielt mit einem harten Gegenstand solche Schläge über den Kopf und ins Auge, daß er sofort in ärztliche Behandlung gegeben werden mußte. Sein Zustand ist bedenklich.
21. Mai 1915
Die sehr die Errichtung des Berggasthauses zur Hebung des Fremdenverkehrs in unserer Stadt und ihrer herrlichen Umgebung beiträgt, zeigten die letzten Tage so recht. Seit der schönen Witterung sind fast täglich auswärtige Besucher auf unserem Berge anzutreffen. Aber auch Vereine nahmen bereits das Berggasthaus und damit die Stadt zum Ausflugsziel. Am vorigen Sonntag war der Turnverein von Bräunsdorf mit Damenabteilung auf unserer frischgrünen Höhe und heute sind eine große Anzahl Gymnasiasten von Schneeberg zum Mittagsmahl im Berggasthause versammelt. Unter Führung von Herren des Vereins werden sie dann die angrenzenden Höhen und Täler, die im Schmucke des Maien prangen, durchwandern. Mag auch fernerhin unsere schöne Höhe mit ihrer traulichen Einkehrstätte geeignet sein, unserer Stadt recht viele liebe Gäste zuzuführen.