Historische Rückblicke aus dem Stadtarchiv
Vor 100 Jahren ... (Februar 1917) Auszüge aus dem Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
67. Jahrgang (1917) (Rechtschreibung im Original)
02. Februar 1917
Unsere Stadt hat nun auch einen weiblichen Postillon. Seit kurzem hat die hiesige Posthalterei in Ermanglung von männlichen geeigneten Personen einen solchen angestellt.
06. Februar 1917
Allen anonymen Briefschreibern zur Warnung sei folgendes Gerichtsurteil bekanntgegeben: Durch ein anonymes Schreiben war ein heerespflichtiger Schneider in Leipzig als Drückeberger gemeldet. Die angestellten Nachforschungen ergaben jedoch, dass bezüglich der militärischen Angelegenheiten des Mannes alles in Ordnung war. Gegen den ermittelten Briefschreiber wurde Anklage erhoben. Wegen Beleidigung und schwerer Urkundenfälschung wurde er zu einem Monat Gefängnis verurteilt.
08. Februar 1917
Wiederholten Brotdiebstählen ging ein in der Chemnitzer Straße hier wohnhafter Bäckermeister auf die Spur und zwar mit dem Erfolge, daß er zwei Frauen erwischte, die im abendlichen Dunkel diesem unsauberen Handwerk nachgingen.
09. Februar 1917
Zu dem weiblichen Postillon, von dem wir jüngst Mitteilung machten, gesellt sich jetzt ein weiblicher Feuerwehrmann; dieser ist, wie uns mitgeteilt wird, in der hiesigen Maschinenfabrik Schubert & Salzer, Zweigwerk Theodor Lieberknecht tätig. Um den ständigen Feuerwehrmann zu entlasten, übernahm die Heizerin den Nachtdienst.
11. Februar 1917
Wie der Stadtrat bekanntgibt, wird zwecks Ersparung von Heizstoffen der Unterricht in der Obligatorischen Fortbildungsschule (Neustadt) und in den Fachschulen (Altstadt) bis auf weiteres ausgesetzt.
11. Februar 1917
Seitens des Landeskulturrats ergeht folgender Aufruf: In den größeren Städten herrscht gegenwärtig eine empfindliche Kohlennot. Die Ursache ist in der Hauptsache darauf zurückzuführen, dass es nicht möglich ist, die anrollenden Eisenbahnwagen schnell zu entladen, da es an leistungsfähigen Gespannen mangelt. In der Landwirtschaft werden jetzt die Geschirre nicht voll ausgenutzt. Wir bitten deshalb diejenigen Landwirte, die bereit sind, ihre Gespanne zu angemessenen Preisen zur Abfuhr von Kohlen und Lebensmitteln den größeren Städten zur Verfügung zu stellen, sich umgehend beim Landeskulturrat Dresden, zu melden.
13. Februar 1917
Heute Montag nachmittag wurde im Zimmer Nr. 1 des oberen Altstädter Schulgebäudes der von der Stadtverwaltung veranstaltete Lehrgang für Säuglingspflege eröffnet. Anmeldungen zur Teilnahme werden noch entgegengenommen.
14. Februar 1917
Das Kriegsamt gibt folgendes bekannt: In sämtlichen Landgemeinden soll folgender Aufruf angeschlagen werden: „An die Männer und Frauen auf dem Lande! Landarbeit ist vaterländischer Hilfsdienst. Unsere Brüder an der Front draußen und in den Fabriken daheim, verlassen sich auf Euch! Wer um wenige Groschen Mehrverdienst vom Pfluge weg zur Stadt eilt, begeht Fahnenflucht! Haltet solche Weichlinge mit Vorbild und Wort zurück! Mit deutschem Gruß! Gröner, Generalleutnant, Chef des Kriegsamts“.
16. Februar 1917
Eine nochmalige Nachmusterung der Dienstunbrauchbaren ist angeordnet. Die Meldungen sind sofort zu erstatten. Wir verweisen auf die bezügliche Bekanntmachung im amtlichen Teile.
17. Februar 1917
Von der Neustädter Schule wird uns geschrieben: Für die Speisung von Schulkindern sind von ungenannt 15 Mk., ungenannt 10 Mk. eingegangen. Herzlichen Dank! Um weitere Spenden wird gebeten.
21. Februar 1917
Der Kriegsausschuss für Oele und Fette macht in den Berliner Markthallen an allen Verkaufsständen der Heringshändler folgendes bekannt: „Heringsköpfe enthalten Fettstoffe, die wir dringend benötigen. Die Heringe werden daher auf unsere Veranlassung von jetzt ab ohne Köpfe verkauft.“
25. Februar 1917
Am Donnerstag nachmittag entgleiste auf hiesigem Bahnhof die Lokomotive vom Personenzug 1065 bei der Anfahrt an den Zug durch Ueberfahren eines Gleisvorlegers auf einem Nebengleis mit zwei Vorderachsen. Betriebsstörungen traten nicht ein; für die Aufgleisungsarbeiten mußte aber der Werkzeugwagen mit Personal von den Werkstätten Chemnitz herbeigezogen werden.
28. Februar 1917
Als Landstreicher wurde in einer hiesigen Herberge ein Mann verhaftet, der keinerlei Ausweispapiere mit sich führte. Unter dem von ihm angegebenen Namen wird ein rückfälliger Dieb gesucht. Der Mann wurde dem Gericht überwiesen.