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Historische Rückblicke aus dem Stadtarchiv

Vor 100 Jahren ... (April 1918) Auszüge aus dem Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt

 68. Jahrgang (1918)  (Rechtschreibung im Original)

05. April 1918
Wie schon aus dem Berichte über die letzte Stadtverordneten- Sitzung hervor ging, haben die städtischen Kollegien der Errichtung einer städtischen Milchküche beschlossen. Die Küche soll im Stadtkeller eingerichtet werden und wird eine gesundheitlich einwandfreie Milch in Flaschen liefern. Es sollen hier zunächst nur Kinder bis zu einem Jahr und stillende Mütter Milch erhalten. Die Milch wird abgekocht abgegeben und ist mit ärztlich angeordneten Zusätzen versehen, die vorher nach Untersuchung der Kinder vom Arzte verordnet worden sind. Mit der Milchstelle wird deshalb eine Beratungsstelle für Mütter verbunden, in der unentgeltliche ärztliche Beratung stattfindet; die Kinder werden dort regelmäßig untersucht und gewogen. Kranke Kinder dürfen nicht in die Beratungsstelle gebracht werden. Mit den erforderlichen Vorarbeiten ist bereits begonnen worden. Die kürzliche Aufforderung des Stadtrates zur Anmeldung von Teilnehmern scheint nicht allenthalben beachtet worden zu sein, vielleicht ist dies aber nur darauf zurückzuführen, daß die beabsichtigten Einrichtungen noch zu wenig bekannt gewesen sind. Um nun aber einen möglichst genauen Überblick zu gewinnen, mit welcher Teilnehmerzahl gerechnet werden muss, werden alle hiesigen Einwohner, die die zu schaffende Einrichtung in Anspruch zu nehmen gedenken, gebeten, sich nunmehr unverzüglich im Rathaus, Zimmer Nr. 17 mündlich oder schriftlich anzumelden. Die Anmeldung ist zunächst noch unverbindlich.

07. April 1918
Dank!
Zum Andenken an den am 16. Februar 1917 verstorbenen Herrn Fabrikbesitzer und Kommerzienrat Paul Edmund Reinhard haben seine Gemahlin, Frau Kommerzienrat Anna Reinhard, seine Söhne und seine Tochter zwei Gedächtnisstiftungen von je 10.000 Mk. errichtet, von denen die eine der Altstädter Gemeinde-Diakonie und die andere ebenfalls zum Teile der Stadt zugute kommen soll, indem ½ ihrer Erträgnisse zur Aufnahme von Hohenstein-Ernstthaler Kindern im Hüttengrunder Bethlehemstift bestimmt sind.
Mit lebhafter Freude haben die städtischen Kollegien von diesen reichen Zuwendungen Kenntnis genommen und gern ihre stiftungsgemäße Verwendung beschlossen, da die Zahl der Kranken sowie der erholungsbedürftigen Kinder in unserer Stadt eine große ist. Es wird den edlen Schenkgebern für ihre in so hochherziger und vorbildlicher Gesinnung der Stadt gespendeten Wohltaten auch öffentlich der wärmste und herzlichste Dank ausgesprochen.
Hohenstein-Ernstthal, am 06. April 1918
Der Stadtrat. Dr. Patz,
Bürgermeister und Die Stadtverordneten, E. Lohse, 1. Vorsteher

Unsere neue Gasanstalt hatte sich gestern vormittag wieder auswärtigen Besuches zu erfreuen. Diesmal war es die Stadt Buchholz, die mit einer Erweiterung ihrer jetzigen Anlage umgeht und die Herren Bürgermeister Dr. Horn, Stadtverordnetenvorsteher Dr. Wünsche und Gasanstaltskassierer Roscher zur Besichtigung unseres Neubaus entsandt hatte. Die Herren, die von Herrn Gasinspektor Martini selbst geführt wurden, zeigten sich sehr befriedigt von dem Gesehenen und werden nun Gelegenheit haben, die hier genommenen neuen Eindrücke und Erfahrungen in ihrer Heimatstadt zu verwerten.9. April 1918 Am heutigen Tage begeht der Lehrer Kläß sein 25jähriges Amtsjubiläum. Am 14. April 1890 trat er als Hilfslehrer an der Neustädter Schule an, so dass er am 14. April 1915 sein 25jähriges Ortsjubiläum feiern konnte. Aus Anlass des Amtsjubiläums versammelte sich früh 8 Uhr die Lehrerschaft zu einer schlichten Feier. Herr Direktor Patzig dankte in seiner Ansprache dem Jubilar für seine aufopfernde, treue Pflichterfüllung, brachte ihm die herzlichen Glückwünsche der Lehrerschaft dar und überreichte ihm als sichtbares Zeichen der Wertschätzung und zur dauernden Erinnerung an den Ehrentag ein sinniges Geschenk. Möge es Herrn Kläß vergönnt sein, noch viele Jahre seines Amtes walten zu können, zum Wohle der Schule, wie der ganzen Gemeinde.

14. April 1918
Auf ein 25jähriges Bestehen konnte dieser Tage unser Gewerbegericht zurückblicken. Am 10. April 1893 fand die erste Verhandlung vor demselben statt. Das Ortsstatut ward am 17. Februar 1893 aufgestellt und trat am 1. April des selben Jahres in Kraft. Der 1. Vorsteher war Herr Bürgermeister Dr. Backofen, der erste stellvertretende Vorsitzende Herr Rechtsanwalt und Notar Hans Eberhard Reinhard.

16. April 1918
Das Bethlehemstift im Hüttengrund konnte, da die Behörden die Ernährung der anzunehmenden Kinder wieder sichergestellt haben, vor kurzem für die Allgemeinheit geöffnet werden, sodaß bereits die ersten erholungsbedürftigen Kinder Aufnahme fanden. Das hiesige weithin bekannte „Webermeisterhaus“ ist nun auch dem Kriege zum Opfer gefallen und vom Besitzer Herrn Tröger freiwillig geräumt worden. Damit ist vorläufig die hiesige Weberinnung obdachlos geworden, die übrigens 1. Hypothekengläubigerin ist. Das „Webermeisterhaus“ wurde seit undenklichen Zeiten bewirtschaftet und war mit einer Herberge für durchreisende Fremde verbunden.