Historische Rückblicke aus dem Stadtarchiv
Vor 100 Jahren ... (Januar 1920) Auszüge aus dem Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
70. Jahrgang (1920) (Rechtschreibung im Original)
02. Januar 1920
10. Januar 1920
Einbrecher statteten diese Nacht der Firma Gerling & Rockstroh einen unerwünschten Besuch ab. Sie öffneten mittels Nachschlüssel die Ladentür und entwendeten eine Menge Zuckerwaren. Wahrscheinlich um das Geschäft vor weiterem Berauben zu „schützen“, verschlossen die Eindringlinge die Tür nach der Tat wieder, allerdings derart, daß heute früh nicht einmal die Bediensteten das Schloß zu öffnen vermochten. Das Woher und Wohin der Diebe blieb unvermittelt.
14. Januar 1920
Heute morgen prompt 7:50 Uhr (Bahnzeit) also zehn Minuten vor der angekündigten Sperre, erlosch das elektrische Licht. Die Glücklichen, welche neben dieser Quelle der Erleuchtung noch über Gas verfügen, setzten schleunigst dieses in Brand. Aber auch das Gas leuchtete infolge der Sperre so düster und flatterhaft, daß es den trüben Morgen nur ungenügend zu durchdringen vermochte. Da das Petroleum längst aus den Haushalten verschwunden ist, eine Kerze englischer Herkunft heute 3 Mk. kostet und dazu nichts taugt, Rüböl, um die im Urväter Hausrat etwa noch vorhandenen Lampen wieder in Dienst zu stellen, selbstverständlich auch nicht vorhanden ist, so kommen wir notgedrungen wieder auf den Kienspan zurück, bei dem unsere Vorvordern – lang, ists her – arbeiteten und Kurzweil trieben. Da unter den heutigen Verhältnissen sicher mit einer Verewigung der Kohlennot zu rechnen ist, so werden wir gut tun, uns allmählich auf diese Art der Beleuchtung einzurichten.
15. Januar 1920
Der Aufruf der Christophorigemeinde zu einer Sammlung für ein neues Geläute, hat bis jetzt 11 500 Mark ergeben. Im Ganzen stehen jetzt 17 000 Mark zur Verfügung, die aber zur Anschaffung eines vollwertigen Geläutes noch nicht genügen. Die Mitglieder des Kirchenvorstandes werden deshalb in den nächsten Tagen einer Haussammlung vornehmen.
17. Januar 1920
Glocken für die Trinitatiskirche.
Alle Gemeindeglieder, die gewillt sind, zur Anschaffung unsres neuen Geläutes (3 Glocken, Läutewerk, Einbau usw.) noch mit beizutragen, werden herzlich gebeten, ihre Spenden möglichst bald und spätestens bis Ende Januar auf dem Pfarramte oder bei einem unserer Kirchenvorsteher abzugeben.
Der Kirchenvorstand.
Schmid, Pfarrer.
22. Januar 1920
An den Pocken ist erneut eine Frau im Hause Oststraße 36 erkrankt. Um eine Weiterverbreitung der Krankheit vorzubeugen, finden Donnerstag und Freitag öffentliche Impfungen in den beiden Schulturnhallen statt. Die Impfung hat sich bisher als der sicherste Schutz vor Ansteckung erwiesen. Vom Stadtrat wird uns mitgeteilt, daß die öffentlichen Impfungen sich diesmal auf das gesamte Stadtgebiet erstrecken, da auch im Ortsteile Altstadt eine ganze Anzahl pockenverdächtiger Erkrankungen zu verzeichnen ist. Die Impfungen werden vorgenommen in der Altstädter Schulturnhalle onnerstag von 5 – 6 Uhr nachmittags. Die entstehenden Kosten trägt der Stadtrat. Besonders gefährdet sind ältere Personen, sowie Personen, die in den letzten 5 Jahren nicht mit Erfolg geimpft worden sind.
28. Januar 1920
Einmieterdieb. In einem hiesigen Gasthause hatte vorige Woche ein junger Mann für mehrere Tage Wohnung bezogen. Da die Polizei Ursache hatte, seine Bekanntschaft zu machen, sollte er abends festgenommen werden. Er flüchtete jedoch rechtzeitig durch das Abortfenster und entkam in der Dunkelheit unter Mitnahme von zwei Kopfkissen, einem Deckbett mit den dazugehörigen Bezügen, einem Betttuch, einem Tisch- und einem Handtuch im Gesamtwerte von über 400 Mk. Der Dieb wird wiefolgt beschrieben: Etwa 26 Jahre alt, mittlere Statur, er trug feldgraue Uniform und blaue Tuchmütze und hatte einen kleinen Anflug von Schnurrbart. Seinem Dialekt nach zu urteilen, scheint er aus Süddeutschland, vermutlich aus Ulm a.D. zu stammen.