Historische Rückblicke aus dem Stadtarchiv
Vor 100 Jahren ... (Mai 1921) Auszüge aus dem Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
71. Jahrgang (1921) (Rechtschreibung im Original)
1. Juni 1921
Wie weit heutzutage die Frechheit unserer Gauner geht, beweist die Tatsache, daß in vergangener Nacht auf dem Schießplatze ein Wohnwagen des Hippodrombesitzers Barthel erbrochen und aus ihm ein getragener Militärrock, eine schwarze Lederbrieftasche, ein brauner Sommeranzug, ein graukarierter Rock, ein modefarbiges Sportjackett, ein paar schwarze Lederhandschuhe, ein neues graues Jackett und zwei weiße Konditorjacken im Gesamtwerte von 2650 Mark gestohlen worden sind. Der Dieb hat die Zeit benutzt, wo der Besitzer und seine Leute im Hippodrom beschäftigt waren. Etwaige Wahrnehmungen über das gestohlene Gut, vor dessen Ankauf gewarnt wird, bittet man der Polizei mitteilen zu wollen.
2. Juni 1921
Zur Warnung für alle, die des Nachts, vom Tanz kommend, sich durch abreißen von Flieder usw. des Unfugs bez. sogar des Diebstahls schuldig machen, sei mitgeteilt, daß kürzlich mehrere junge Burschen und Mädchen im Kunzegäßchen von Polizeiorganen angehalten und angezeigt worden sind, sodaß sie nunmehr Strafe zu gewärtigen haben.
3. Juni 1921
Das diesjährige Schützenfest der Schützenkompanie Altstadt fand gestern abend mit der Ausrufung des neuen Schützenkönigs und einem Ball für alle Aktiven und Passiven seinen Abschluß. Den besten Schuß auf die Königsscheibe hatte Herr Max Reber, Teichplatz, abgegeben, der zum König ausgerufen und mit den Abzeichen seiner Würde geschmückt wurde. Daran schloß sich die Verteilung der zum Teil recht wertvollen Preise an die Mitglieder, die die nächstbesten Ergebnisse erzielt hatten.
Auf dem Festplatz sah es schon recht „wüst und leer“ aus, da die meisten Schausteller schon am Mittwoch ihre Zelte abgebrochen hatten. So liegt nun wieder ein Schützenfest, das zweite seit Kriegsende, hinter uns, und wohl alle, Veranstalter wie Schausteller, können mit seinem Verlauf in jeder Hinsicht zufrieden sein, da sich auch der Wettergott ihnen gewogen gezeigt hatte.
7. Juni 1921
Zu einem Stubenbrand wurde heute vormittag in der 10. Stunde die Polizei nach dem Hause Aue 3 gerufen, doch war die Meldung glücklicherweise übertrieben. In einer Wohnung hatte eine Frau Fleisch auf den Gaskocher gesetzt und war dann weggegangen. Das Fleisch war übergelaufen und verbrannt, wodurch ein derartiger Qualm entstand, daß die Hausbewohner einen Brand vermuteten und die Wohnung gewaltsam öffneten. Irgendwelcher Brandschaden ist nicht entstanden.
20. Juni 1921
Auf dem Fichtelberg hat es gestern lebhaft geschneit. Das war der Juni 1921.
21. Juni 1921
Ein alteingesessener würdiger und verdienter Bürger unserer Stadt ist mit dem Tod abgegangen: Herr Privatmann Carl Heinrich Ludwig Scheer ist gestern mittag nach längerem Leiden im 78. Lebensjahre verstorben. Aus kleinen Anfängen heraus hat er die von ihm gegründete Strumpffirma C. H. Scheer, der heute sein Schwiegersohn, Herr Stadtrat Müller vorsteht, bis zu ihrer heutigen Bedeutung gebracht und außer seiner geschäftlichen Tätigkeit sich in öffentlichen, wie privaten Ämtern, Jahrzehnte hindurch betätigt. So hat er viele Jahre dem Kirchenvorstand zu St. Trinitatis angehört und als Vorstandsmitglied des Erzgebirgsvereins für die Erschließung unserer herrlichen Gegend eifrig gewirkt. Seit mehreren Jahren hatte er sich vom Geschäft zurückgezogen. Möge dem alten Herrn, der sich in allen Kreisen unserer Stadt großer Wertschätzung erfreute, die Erde leicht sein!